Kritisch hinterfragt – Sind Tierschützer Heuchler?
In den letzten Wochen und Monaten habe ich mich viel mit dem Thema Tierschütz beschäftigt, weil ich einen Beitrag leisten wollte. Ist ja kein Geheimnis, wie es um unseren Planeten steht. Aktuelle Schlagworte sind: Klimawandel, Kriege, Armut, Hunger, Tierleid und noch vieles mehr. Es gibt viele Baustellen und ich weiß, dass ich nicht alle gleichzeitig bekämpfen kann, deshalb habe ich mich dafür entschieden, eine bestimmte Organisation monatlich und bei gewissen Aktionen zu unterstützen und bei anderen immer zu helfen, wenn es gerade möglich ist.
Meine Wahl fiel auf Vier Pfoten, die verschiedene Patenprogramme anbieten, und weil ich mich nicht entscheiden konnte, habe ich meine Follower auf Instagram abstimmen lassen, die sich für das Orang-Utan Projekt auf Borneo entschieden haben. Darüber bin ich wirklich glücklich, besonders weil ich kurz darauf ein Buch gelesen habe, das noch einmal beleuchtet hat, wie und wodurch es auf Borneo und in Sumatra zu so vielen Orang- Utan Waisen kommt, aber dazu mache ich einen extra Beitrag, das würde hier den Rahmen sprengen und ich will das Thema auch nicht nur anschneiden. Schon mal ein kleiner Spoiler: Ich achte vermehrt darauf, keine Produkte mehr mit Palmöll zu kaufen, was nicht so leicht ist, deshalb nutze ich im Moment noch diejenigen, die als „zertifiziert“ eingetragen sind, will aber in Zukunft komplett darauf verzichten. Aber das mache ich in kleinen Schritten, stelle also nach und nach alles um und nicht in einer großen Hauruckaktion.
Warum? Wenn ich mich für den Tierschutz einsetze, muss ich doch sofort mein Leben ändern, auf Fleisch verzichten, keine Wolle mehr tragen und am besten nur noch mit dem Fahrrad fahren, statt mich von meinem Mann durch die Gegend kutschieren zu lassen. Oder? Und damit wären wir genau beim Thema.
Sind Tierschützer Heuchler, weil sie sich nicht an alles halten? Weil sie nicht in das extreme Bild passen, dass viele von ihnen haben?
Wer jetzt denkt, ich übertreibe, den muss ich leider enttäuschen. Ich habe mir viele Videos von Tierschützern angesehen, von Menschen, die das schon seit Jahren machen und auch denen, die sich gerade erst mit der Thematik beschäftigen, so wie ich es tue, und alle berichten Ähnliches. Davon, wie viele Nachrichten sie bekommen, weil sie sich zwar vegan ernähren, aber immer noch ein Auto haben und den Fahrdienst Uber nutzen. Weil sie es wagen, in den Urlaub zu fliegen. Oder weil sie zwar Aktionen planen und durchführen, um Tiere zu retten, aber eben keine Veganer sind. Ich meine, wie können die nur? (Achtung, Ironie an Bord!!)
Und dann gibt es eben auch jene Nachrichten, die folgenden Inhalt haben: Warum setzt du dich für Tiere ein, wenn in Afrika Kinder verhungern. Oder: Warum hilfst du den Kindern in Afrika, mach doch lieber etwas für die Menschen in Deutschland, denen geht es schlecht genug.
Da sitze ich dann auf meinem Schreibtischstuhl und muss schlucken. Warum? Ganz einfach: Da sind Menschen, die setzen sich dafür ein, unsere Welt ein klein wenig besser zu machen und die bekommen dann ordentlich Gegenwind, weil es das Falsche ist oder eben nicht genug. Entschuldigung, aber das ist doch absoluter Mist! Seid doch lieber froh, dass es Menschen gibt, die sich für Wale und Delfine einsetzen, während andere Tiger schützen und wieder andere dafür sorgen, dass Nashörner nicht getötet werden, um aus ihrem Horn Potenzmittel zu machen. Andere Organisationen bekämpfen Krankheiten und Hunger in Ländern, in denen Armut kein Ausnahmezustand, sondern die Regel ist, während es durchaus genug Projekte gibt, um die Menschen in Deutschland zu unterstützen. So wie bei der Flutkatastrophe im letzten Jahr.
Da sind Profis am Werk, die sich in ihrem jeweiligen Gebiet bestens auskennen. Aber ein Normalo soll dann plötzlich bei allem mitmischen und darf sich keine „Fehltritte“ erlauben? Da habe ich eine Botschaft für euch: Niemand ist perfekt! Es ist großartig, dass sich immer mehr Menschen mit wichtigen Themen auseinandersetzen, denn das ist der erste Schritt. Nur, wem bewusst ist, dass in unserer Gesellschaft nicht alles zum Besten steht, wird in der Lage sein, das eigene Verhalten zu reflektieren. Kritik zu üben ist da vollkommen fehl am Platz.
Ich liefere euch gern ein Beispiel an mir.
Seit Dezember unterstütze ich die Orang-Utan Patenschaft von Vier Pfoten mit einem monatlichen Betrag, spende aber auch für andere Aktionen wie der Rettung von Gallebären aus Gefangenschaft. Zudem haben wir zu Weihnachten Futter zu unserem örtlichen Tierheim gebracht und ich habe einen Teil meiner Einnahmen von 2021 an Aktion Deutschland hilft gespendet, die sich um die Flutopfer in Deutschland kümmerten. Ich achte darauf, weniger Produkte zu kaufen, in denen Palmöl enthalten ist, ichmöchte weniger Plastik benutzen und nachhaltiger leben. ABER – und jetzt kommt der Knackpunkt – Manchmal funktioniert das eben nicht.
Ich bin keine Vegetarierin oder Veganerin, würde aber den Konsum von tierischen Produkten gern weg von der Massentierhaltung und hin zu regionalen Höfen lenken. Doch wo ich nur den Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekt im Blick habe, achtet mein Mann auf die Finanzen und erinnert mich daran, dass wir auch noch Geld brauchen, um zu leben. So gern ich mehr machen würde, im Moment tue ich eben genau das, was für uns möglich ist.
Also ja, ich esse Fleisch. Und ich liebe Tiere. Ist das nun Heuchelei? Dazu sage ich euch ganz offen: Meine Familie hat jahrelang Schweine und Hühner gehalten und diese auch geschlachtet und dann gegessen. Ich weiß also genau, wo das Fleisch auf meinem Teller herkommt und welche Prozesse dazu notwendig sind, obwohl ich daran nur ungern denke. Gegessen habe ich die Tiere von unserem Hof aber nie. Welches Kind würde denn bitte das Schweinchen essen, dem es den Namen Ferdinand gegeben hat? Ich jedenfalls nicht. Das Blut rühren, damit es nicht klumpig wird, konnte ich auch nicht. Diese ganzen Schlachtgerüche haben mir den Rest gegeben und ich habe mich entweder in mein Zimmer geflüchtet oder bin durch Badezimmerfenster geklettert.
Gummibärchen zu essen oder andere Produkte, die Gelatine oder anderen tierischen LAB enthalten kommt für mich nicht mehr in Frage. Die Vorstellung finde ich einfach eklig. Aber warum esse ich immer noch Fleisch und trinke Milch? Warum schwöre ich dem Thema Urlaub nicht ab? Warum halte ich einen Hund? Warum trage ich Wolle? Warum bin ich kein perfekter Mensch?
Auf diese und andere Fragen gibt es nicht nur eine Antwort. Und besonders keine, die euch zufriedenstellen wird. Deshalb sage ich einfach das, was ich denke. Ich erwarte von niemanden, dass er alle Bereiche bei dieser Thematik perfekt umsetzt oder sich auch nur damit auseinandersetzt. Wenn ihr euch damit beschäftigen möchtet und euch – auf welche Art auch immer – dafür engagiert, dass unsere Welt ein wenig besser wird, ist das großartig. Macht das, was ihr tun könnt und wenn es nur die Mülltrennung ist. Ja, bei so kleinen Dingen fängt es an.
Hier geht es nicht um ganz oder gar nicht, denn meiner Meinung nach zählen auch die kleinen Schritte, diese ganz besonders, weil sie von viel mehr Menschen umgesetzt werden können. Kleinvieh macht auch Mist und da kommt einiges zusammen. Ich verurteile niemanden, der in den Urlaub fliegt, mit dem Auto fährt, einen Zoo besucht. Zum einen, weil ich im Glashaus sitze und deshalb ganz bestimmt nicht mit Steinen werfe. Aber vor allem auch, weil es mich nichts angeht. Weil ich mit meiner Nase lieber bei mir bleibe, anstatt andere dafür anzugreifen, dass sie die Umweltschiene nicht so extrem fahren, wie gewisse Menschen.
Wenn ihr euch für den Tierschutz einsetzen wollt, müsst ihr nicht vegan sein, euer Handy in die Tonne werfen und im Winter auf Heizung verzichten. Ihr seid keine Heuchler, so lange ihr euch nicht als perfekt darstellt oder vorgebt, jemand besseres zu sein.
Fragt euch selbst: Was kann ich tun? Was bin ich bereit zu tun? Und dann überlegt euch, an welchen Stellschrauben ihr drehen könnt, um euren Beitrag leisten zu können, wie klein dieser auch sein mag.
Schreibe einen Kommentar