Papiergeraschel: Vom Plotter zum Pantser?
Mein erstes veröffentlichtes Buch habe ich nicht bis ins Detail geplant. Ich hatte eine Art Exposé mit einem roten Faden und habe mir sehr viel Zeit genommen, um die Handlung zu entdecken, so dass die Szenen vor meinen Augen entstanden sind und ich ihnen nur noch folgen mussten. Dadurch sind aber pro Tag nicht wirklich viele Wörter aufs Papier gewandert und als vom Verlag der zweite Band angefragt wurde, war ich der festen Überzeugung, dass ich so nicht weiter machen sollte. Als „professionelle“ Autorin muss ich mehr schreiben, eine Struktur haben, an die ich mich halten kann. Methoden, die mich voranbringen und besser machen.
Drei Jahre lang habe ich mich mit dem Schreibhandwerk beschäftig, habe versucht die Arbeitsweise anderer Autoren für mich zu übernehmen, um meinen Output an Veröffentlichungen zu steigern und immer mehr zu schreiben. Gebracht hat es nichts, denn mehr als zwei Bücher im Jahr habe ich seit 2018 nicht herausgebracht und so viel, wie ich schreiben wollte, ist auch nie bei rumgekommen.
Deshalb habe ich stark an mir selbst gezweifelt und mich unter Druck gesetzt, der alles noch schlimmer gemacht hat. Ich habe meine Geschichten bis ins Detail geplottet, wusste, was in jeder Szene passieren sollte, welche Beschreibungen ich brauchte, welche Stimmungen ich erzeugen musste, aber die Handlung lief nicht mehr vor meinen Augen ab, was wohl auch daran lag, dass ich immer schneller geschrieben habe. Tausend Wörter in einer Dreiviertelstunde war für mich vollkommen normal und so hatte ich den Rest des Tages auch für andere Projekte Zeit, wo ich mich früher eben nach dem Schreiben gedanklich trotzdem mit dieser einen Geschichte beschäftigt habe.
Meine „verbesserte“ Schreibmethode führt aber bei meinen Lektoraten dazu, dass ich fünfzig bis achtzig Prozent meiner Manuskripte löschen und noch einmal neu schreiben musste. Das brachte mich zum Nachdenken: Woran liegt das? Was mache ich falsch? Bei Silver Lane: Nur einen Sommer lang gab es kaum Anmerkungen und genau da wollte ich wieder hinkommen, wusste aber nicht wie. Brauche ich noch einen detaillierteren Handlungsplan? Bis mein Mann mich darauf brachte, dass vielleicht das Gegenteil der Fall ist und ich viel zu „technisch“ schreibe.
Sein Kommentar löste eine wahre Gedankenflut in mir aus und ich erinnerte mich an meine Schreibanfänge zurück, als ich noch keine Ahnung von Plotmethoden und allem anderen hatte und vor dem Schreiben jede Szene in Gedanken durchgespielt habe. Damals habe ich mich ganz auf mein Gefühl verlassen. Ich habe es geliebt, meine Charaktere auf diese Art besser kennenzulernen und die Handlung zu entdecken. Genau da wollte ich wieder hin, deshalb beschloss ich, keinen Plot mehr auszuarbeiten, sondern nur ein Handlungsexposé zu schreiben, damit ich einen groben Plan habe und mich von den Charakteren durch das Manuskript führen zu lassen. So habe ich bestimmt Szenen, auf die ich hinschreiben kann, ohne mich zu sehr festzulegen.
Diese Entscheidung war und ist ziemlich radikal und hat mich anfangs stark verunsichert. Ich wusste nicht, ob es gut sein wird mir so viel Zeit zum Schreiben zu lassen und vorher alle Details in Gedanken durchzuspielen, aber bisher genieße ich es sehr, mein Hexenprojekt auf diese Art ins Dokument zu bringen. Und auch mit zwei weiteren Schreibprojekten gleichzeitig klappt das bisher ganz gut.
Aber ob sich diese neue Methode für mich bewährt, wird sich wohl erst beim nächsten Lektorat zeigen. Keine Angst, ich werde darüber berichten und spätestens Ende des Jahres ein Fazit ziehen und entscheiden, wie ich die nächsten Bücher in 2023 bearbeite. Bis dahin dürft ihr gespannt sein.
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