Lifestyle: Warum mir der Sommer so unendlich fehlt
Wer mich gut kennt, weiß, dass ich ein Kind der Sonne bin. Ich liebe die Wärme und brauche sie fast so sehr, wie eine Eidechse. Durch meinen dunklen Teint ist Sonnenbrand für mich nie ein Thema gewesen und auch große Hitze hat mir meist nichts ausgemacht. Als Kind habe ich zwar öfter unter einem Sonnenstich gelitten, aber das hat sich im Teenageralter gelegt. Sommer war meine Jahreszeit und ich habe alles daran geliebt. Den Geruch von gewärmter Haut, das Funkeln der Sonnenstrahlen auf einer Wasseroberfläche, die lauen Abende und die Helligkeit. Das war für mein Gemüt die schönste Jahreszeit. Denn sobald der Herbst einzieht und sich der Winter nähert, werde ich von einem seltsamen Gefühl der Leere ergriffen. Die Dunkelheit macht mir zu schaffen und ich habe dem nicht viel entgegenzusetzen. Ohne Sonne verschwindet auch meine Fröhlichkeit.
Winterdepressionen
Obwohl es auch im Sommer Phasen gibt, in denen es mir psychisch nicht gut geht und ich mich von der Welt zurückziehe, weil mir alles zu viel wird und diese innere Leere mich auffrisst, häufen sich diese Wellen im Herbst und halten den ganzen Winter über an. Es ist unendlich schwer, im Dunkeln aufzustehen, den ganzen Tag in der Wohnung zu sitzen, um dann abends wieder im Dunkeln rauszugehen. Ohne meinen Hund würde ich jetzt wohl kaum mehr das Haus verlassen, weil es einfach ungemütlich ist.
Ich hasse diese grenzenlose Traurigkeit, die ich mir nicht erklären kann, die mich aber ständig zu begleiten scheint, sobald die Sonne nicht zu sehen ist. Wie kann ich schon als Kind so empfunden haben? Was stimmt nur nicht mit mir?
Winterdepressionen. Vor einigen Jahren habe ich etwas darüber gelesen und mich in den Symptomen wiedergefunden. Meist liegt es an einem Mangel an Vitamin D, dem Sonnenvitamin. Bedingt durch meinen südländischen Teint brauche ich mehr Sonne, um Vitamin D zu bekommen und im Winter bin ich nur im Dunkeln draußen. Kein Wunder also, dass ich mich in der dunklen Jahreszeit oft nicht gut fühle. Seither nehme ich Ab Ende September Nahrungsergänzungsmittel und fühle mich deutlich besser. Nicht gut, aber es ist nicht mehr so schlimm.
Ich kann den Sommer nicht mehr genießen
Als Kind der Sonne war es für mich ein Schock als ich 2018 Ödeme in den Beinen bekam, die sich mit jeder Bewegung und den steigenden Temperaturen verstärkt haben. Hosen, selbst Schuhe waren mir plötzlich zu eng und drückten gegen Abend so stark, dass ich nichts mehr wollte, als die Beine hochzulegen. Sie fühlten sich schwer an, wie mit Blei übergossen.
Dass ich im Winter Probleme habe, weil ich entsetzlich friere und mir selbst zwei Leggins übereinander plus meine normale Jeans keine Abhilfe schaffen, hatte ich schon seit meiner Teenagerzeit. Genauso wie die Schmerzempfindlichkeit. Aber den Sommer nicht vertragen? Meine liebste Jahreszeit? Das war schwer für mich.
Selbst jetzt, wo ich genau weiß, weshalb mein Körper so verrückt spielt, wird es dadurch nicht einfacher. Lipödem ist eine beschissene Krankheit, deren Behandlung langwierig ist und nur darauf abzielt, das Voranschreiten zu verlangsamen. Eine Heilung gibt es mit konservativen Methoden nicht. Und die Operationen werden von den Krankenkassen nicht bezahlt.
Meine Diagnose habe ich vor über einem Jahr bekommen, doch eine Behandlung, selbst mit den konservativen Methoden, sei für mich noch nicht möglich. Zumindest laut meinem Arzt. Also kämpfe ich weiter gegen die Schmerzen und muss hilflos dabei zusehen, wie die Krankheit auch auf meine Arme zugreift. Sollte ich irgendwann nicht mehr schreiben können, werde ich das Geld in die Hand nehmen, um mir die OPs selbst zahlen. Denn das ist doch kein Leben mehr, wenn man sich kaum noch bewegen kann.
Und ich vermisse den Sommer. Zwar geht es meinem Gemüt in der warmen Jahreszeit immer noch viel besser, aber mein Körper streikt vollkommen. Sobald es zu warm ist, kann ich nicht mehr nach draußen, sonst schwellen meine Beine und Arme an. Dadurch habe ich das Gefühl, mir geht es das ganze Jahr über schlecht. Entweder körperlich oder seelisch. Manchmal auch beidem.
Mein Leben mit Lipödem
Lipödem ist eine Fettverteilungsstörung. So eine Art entartete Fettzellen, die unter der Haut wuchern, druckempfindlich sind und zu blauen Flecken neigen. Es gibt verschiedene Stadien, sowohl was die Optik angeht als auch die Schmerzempfindlichkeit. Häufig wird die Krankheit auch durch krankhaftes Übergewicht begleitet.
Ich wurde als Stadium 1 eingestuft, habe aber Schmerzen aus der Hölle. Wenn ich mich hinknie, habe ich das Gefühl, meine Waden würden platzen, weil der Druck so stark ist und sich die Ödeme stauen. An manchen Tagen kann ich mir kaum allein die Socken und Schuhe anziehen. Und langes Laufen, Treppensteigen ist für mich nicht möglich, weil mich die Schmerzen in die Knie zwingen.
Rennen oder schnell laufen kann ich ebenfalls nicht. Mit dem Hund spielen auch nur, wenn ich die ganze Zeit stehen bleibe. Auch das belastet meine Psyche. Ich fühle mich in meinem eigenen Körper gefangen. Das schlimmste daran ist, dass meine Arme inzwischen mehr schmerzen als die Beine. Die kann ich abends hochlegen, damit sie sich entspannen können, aber meine Arme und Hände sind ständig in Bewegung. An Tagen wie heute, ist es anstrengend zu tippen. Oder mir einen Zopf zu binden.
Ich bin 32 Jahre alt und eigentlich ein Mensch, der sich gern bewegt. Fahrradtouren, lange Spaziergänge und Wanderungen waren ein Teil meines Lebens. All das nicht mehr machen zu können, ohne höllische Schmerzen zu haben ist ebenso frustrierend, wie sich ständig andere Kleidung kaufen zu müssen. 2018 habe ich noch Schuhgröße 39 getragen. Jetzt passe ich kaum in die 41. Natürlich nicht von der eigentlichen Größe, die hat sich nicht verändert. Aber meine Füße sind ebenso breiter geworden, wie meine Waden.
Es ist verdammt hart. An manchen Tagen fehlt mir die Kraft, noch zu kämpfen, die Schmerzen zu ertragen. Aber ich mache weiter, ich halte es aus. Weil ich wieder gesund werden will. Weil ich den Sommer wieder genießen will.
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