Liebe Schreiberlinge, im letzten Beitrag haben wir Licht geschaffen. Eine Idee ist geschlüpft, doch was fangen wir jetzt damit an? Wie wird aus dem Satz, den wir schon ein wenig ausgebaut haben, ein ganzes Buch? Um euch näher an einen fertigen Text zu bringen, werden wir uns in dieser Artikelreihe mit dem Thema Plot beschäftigen. Was ist das überhaupt? Wie helfen mir Masterplots dabei, ein gutes Manuskript zu schreiben? Welche Methoden gibt es, um meine Handlung festzulegen? Und am Wichtigsten: Welche davon passt überhaupt zu mir? Aber bevor wir uns in die Planung stürzen, lasst uns doch erst einmal die Begriffe klären.
Ein Buch planen oder: Wie spiele ich Gott?
Alle, die sich noch nicht lange mit dem Thema Schreiben beschäftigen werden jetzt vermutlich denken, ich sei größenwahnsinnig. Die Schreiberlinge unter euch, die schon länger dabei sind, werden aber genau wissen was ich meine, wenn ich behaupte, dass Autoren Götter sind. Wie sonst sollten wir jemanden nennen, der eine Welt aus dem Boden stampft, Wesen, Länder, Sprachen erschafft und mit den Charakteren spielt als wären sie Figuren in einem Puppenhaus? Wer eine Geschichte erzählt hat die Macht sie vollkommen nach seiner Vorstellung zu gestalten. Im Grunde gibt es keine Grenzen. Wir sind, zumindest für unsere Charaktere, ein allmächtiges Wesen. Manchmal mehr, manchmal weniger, aber es ist wahr. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wie wir am besten Gott spielen können.
Wie wird aus unserer Grundidee das Gerüst für eine komplette Geschichte? Was müssen wir beachten, worauf kommt es an? Genau um diese Fragen dreht sich der Auftakt dieser kleinen Reihe. Wir klären die Begriffe, erarbeiten uns verschiedene Methoden, wie wir unsere Idee anpacken können und danach stürzen wir uns hinein.
Aber Achtung, nicht jede Plotmethode wird etwas für euch sein. Zu Beginn gilt es, herauszufinden ob ihr Plotter oder Pantser seid. Keine Sorge, wir machen das zusammen!
Planung und Plot
Was ist ein Plot?
Ein Plot ist nichts weiter, als die Handlung unserer Geschichte. Das, was passieren wird, was vorher geschehen ist und was danach wartet. Als Autor sollte ich diese Dinge wissen, es verleiht meinem Text Tiefe und dadurch kann ich verschiedene Mittel zum Spannungsaufbau benutzen und Wendepunkte an den richtigen stellen setzen. Doch langsam, denn so weit sind wir ja noch nicht.
Erinnert ihr euch an meinen Satz?
Junge Frau lernt Mann kennen, verliebt sich, wird aber bitter enttäuscht.
Die grobe Handlung liegt schon in diesen wenigen Worten, aber wir brauchen noch ein wenig mehr. Lassen wir die Charaktere mal außen vor, denn damit wären wir schon bei der Planung. Der Plot ist denkbar einfach: Zwei Menschen lernen sich kennen, verlieben sich, doch es funktioniert nicht. Das wie und wieso ist in diesem Moment erst einmal egal, wichtig ist nur, dass es so ist. Und so bauen wir diese Idee weiter aus.
Beim Plotten geht es also nur darum was passieren wird. Die chronologische Reihenfolge der Ereignisse, die wir als Autor festlegen, ganz egal, wie die Geschichte am Ende erzählt wird. Denn diese dreht sich um das wie und warum.
Wie verlieben sich die beiden ineinander? Warum wird ihre Beziehung nicht halten? Was ist das Geheimnis, das hinter dem Verhalten des Mannes steckt?
Für unser Grundgerüst spielen diese Fragen keine Rolle, denn bevor wir uns damit beschäftigen können, müssen wir erst einmal herausfinden, was überhaupt passiert. Und das nicht erst ab dem Moment, in dem unsere Handlung einsetzt, sondern schon davor. Unser Gerüst hängt nicht einfach so in der Luft herum, es hat einen Anfang und ein Ende und meistens bekommt der Leser weder das eine noch das andere zu Gesicht. wir lassen ihn nur Ausschnitte eines größeren Ganzen sehen, er hat keine Ahnung, was geschah, ehe er die Charaktere kennenlernte und wenn er die Buchdeckel wieder zuklappt, weiß er auch nicht, was danach kommt. Das weiß allein der Autor, denn nur er sieht das gesamte Gerüst.
Die verschiedenen Wege, unser Gerüst aufzubauen, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt zusammen erforschen, jetzt gehen wir zum nächsten Begriff über: Der Planung.
Was ist der Unterschied zwischen Plot und Planung?
Der Plot ist also unser Gerüst, die Substanz, auf der alles andere aufbaut. Und genau um dieses ominöse Andere dreht sich die Planung. Unsere Handlung will auch geplant werden, doch sie ist noch lange nicht das Einzige.
Je nach dem Genre, das ihr für euch gewählt habt, gibt es noch andere Vorbereitungen zu treffen, bevor es ans Schreiben geht. Doch bis auf eine Ausnahme, die uns ein wenig mehr abverlangt, erwarten uns neben dem Plot nur noch die Charaktere und die Hintergründe. Egal ob ihr eine Liebesgeschichte schreibt oder einen Thriller, das war eure Handlung voran treibt und sie ausmacht, sind eure Figuren. Die Protagonistin und ihr Loveinterest, der Held und der Schurke, der Ermittler und der Mörder. Um sie dreht sich der Plot, sie hauchen ihm Leben ein. Und damit unsere Geschichte gut wird, braucht jeder Charakter eine eigene Geschichte, eine Vergangenheit und ein Motiv. Warum macht er das? Weshalb hat er davor Angst? Wie wird er darauf reagieren? Und wie wird ihn die Handlung verändern?
Eine weitere große Rolle bei der Planung spielen die Konflikte. Sie geben unserem Gerüst Spannung, rufen interessante Wendungen hervor und können alles verändern.
All das will also geplant werden. Wie verläuft unsere Handlung, warum passiert sie genau so? Der Plot gehört also zur Planung, doch die Planung ist so viel mehr als nur der Plot.
Und was ist jetzt mit unserer Ausnahme?
Fantasy / Dystopie / Science Fiction
Bei diesen drei Genres brauchen wir mehr als nur Charaktere, Motive und Konflikte. Wir brauchen eine Welt, die wir erschaffen müssen. Kontinente, Länder, Städte usw. Am besten natürlich mit einer Karte, damit wir uns besser zurecht finden. Dann noch die Wesen, die in unserer Welt leben und alles, was dazugehört, wie zum Beispiel Sprache, Bräuche, ganze Systeme mit Wirtschaft, Politik und Religion. Oder wir machen uns Gedanken über die Gesellschaft, in der wir leben und wie es mit der Menschheit weitergehen könnte. Neue Technologien oder ein völlig anderer Zeitverlauf. Das Ende der Welt und wie es dazu gekommen ist.
Eine gute Geschichte braucht nicht nur den Handlungsverlauf (den Plot), sondern auch lebendige Charaktere und nachvollziehbare Konflikte. Nur das Zusammenspiel von dem, was passiert mit dem wie und warum es passiert ergibt am Ende das fertige Buch, das die Leser in den Händen halten.
Masterplots
Kennt ihr die Redensart: „Man kann das Rad nicht neu erfinden?“
Wie oft habe ich schon in Rezensionen von Lesern gehört, das Buch sei nichts neues gewesen, sondern nur eine Version von X. Gerne werden auch Bücher miteinander verglichen und aneinander gemessen. Und wenn dann plötzlich etwas neu ist, wird dieser Plot gern ausgeschlachtet. Autoren reiten auf der Welle mit, die der Hype losgetreten hat.
Und dann kommt diese Redensart ins Spiel. Und sie trifft den Nagel auf den Kopf, denn es gibt sogenannte Masterplots. Über die 20 verschiedenen Handlunsstränge werde ich noch einen eigenen Artikel schreiben, wichtig ist im Augenblick nur, dass ihr versteht, dass jedes Gerüst eine Abwandlung von einem dieser Masterplots ist. Wenn wir also glauben, eine Geschichte wäre neu, hat der Autor einfach nur mehrere dieser verschiedenen Plots genommen und sie zu einem Gesamtwerk gesponnen, mehr steckt nicht dahinter.
Aber seien wir doch ehrlich: Ist es wirklich die Handlung einer Geschichte, die uns interessiert oder ist es nicht viel mehr das Wie und Warum, um das sich unsere Gedanken gedrehen? Gib fünf verschiedenen Autoren einen Plot und es entstehen fünf verschiedene Geschichten. Und denen sollten wir eine Chance geben, auch wenn wir glauben die Handlung schon tausende Male gelesen zu haben.
Plotmethoden
Aber zurück zu unserem Gerüst und den Methoden, mit denen wir lernen können Gott zu spielen. In den nächsten Wochen werde ich verschiedene Techniken genauer vorstellen und euch auch sagen, weshalb sie bei mir funktionieren oder eben nicht. Doch jetzt gebe ich euch erst einmal einen kleinen Überblick.
Die 3- und 5-Akt-Struktur
Erinnert ihr euch noch an den Deutschunterricht? Den Aufbau von Romanen und wie ihr eure Aufsätze strukturieren solltet?
Anfang, Mitte und Ende.
Und genau so erschaffen wir auch unser Grundgerüst bei dieser Methode.
Die Erweiterung daraus ist die 5-Akte-Struktur, bei der noch zwei Plot Points (Wendepunkte) hinzukommen. Unser Gerüst wird also ein wenig detailierter und wir können uns besser daran entlang hangeln.
7-Punkte Struktur
Noch eine Erweiterung stellt die 7-Punkte Struktur von Dan Wells dar. Hier haben wir neben Anfang, Mitte, Ende und den beiden Wendepunkten noch zwei zusätzliche Punkte für unser Gerüst, bei denen wir unseren Protagonisten so richtig unter Druck setzen können. Konflikte explodieren und die Spannung schießt in die Höhe.
Die Schneeflockenmethode
Eine der detailiertesten Techniken, um eine Geschichte zu erschaffen, die ich kenne. Hier bauen wir nicht nur das Gerüst, sondern auch alles drumherum, damit wir uns sofort ins Schreiben stürzen können. In zehn Schritten planen wir nicht nur die Handlung, sondern erschaffen auch die Charaktere und legen jede einzelne Szene fest. Es ist wie ein Baukasten, der uns von einer Idee zu der Rohfassung unseres Manuskriptes bringt, die wir später nur noch aufschreiben müssen.
Die Heldenreise
Eine weitere detailierte Methode um euer Buch zu planen. In einem Konzept mit 12 Stufen entwickeln wir unser Gerüst und lassen unsere Charaktere reifen. Wir halten jeden Wendepunkt und jede Änderung fest, erschaffen dem roten Faden, den wir als Gott in den Händen halten, um eine spannende Geschichte zu weben.
Kapitel- und Szenenübersichten
Wer mit der Schneeflocken-Methode oder der Heldenreise nichts anfangen kann, alles aber dennoch genau im Blick haben will, der erstellt sich sein Gerüst eben mit einem Fahrplan und lässt die Charaktere und das Drumherum eben aus. Ihr strukturiert in Kapitel, teilt die Handlung in kleine Fetzen auf. Und wenn euch das noch nicht genug ist, dann plottet jede Szene. Manchmal geht es so weit, dass wir später beinahe schon eine Rohfassung haben, die wir nur noch ausschmücken müssen.
Die Mischung macht`s
Es gibt noch viele andere Techniken. Plotten mit Karteikarten oder nach einem Periodensystem. Mal grob, mal mit vielen kleinen Details, die wir herausarbeiten können. Vor über zwei Jahren habe ich viele dieser Methoden ausgetestet, um die richtige für mich zu finden und habe erkannt, dass nicht jede Variante zu jedem Genre oder gar zu jeder Geschichte passt. Romance plane ich nicht so intensiv wie meine Fantasygeschichten. Und ich nutze nicht nur eine Methode, sondern habe mir ein eigenes Konzept gebaut, um meine Manuskripte zu planen. Doch als erstes galt es für mich herauszufinden, welcher Plottyp ich bin.
Plotter und Pantser
Auch hier wird es noch einen gesonderten Artikel geben, der als nächstes erscheinen wird. Ich werde auf die Vor- und Nachteile der einzelnen Typen eingehen und euch helfen, herauszufinden, was auf euch zutrifft. Doch jetzt werde ich nur die beiden Begriffe klären.
Plotter
Brauchen jede Information, die sie kriegen können, klammern sich an den roten Faden, als wäre er der heilige Gral. Um ein gerüst zu bauen verwenden sie viel Zeit, schreiben alles auf und bringen so die Vorstellung ihrer Geschichte aus ihrem Kopf.
Pantser
Oder auch Discovery Writer genannt, lieben es ihren Charakteren Freuraum zu lassen und zu schauen, wo diese sie hinführen. Plotten eng sie ein und raubt ihnen die Kreativität, um ihre Geschichte erzählen zu können. Pantser mögen Überraschungen und reagieren gerne auf ungeplante Wendungen.
Mischtypen
Und dann wären da noch die verschiedenen Typen dazwischen, die mehr oder eben weniger Planung brauchen, um zu schreiben. Sie brauchen nicht eine der extremen Varianten, sondern fühlen sich in der Mitte wohl und wie weit sie Plot und Planung nutzen ist völlig verschieden.
Schlusswort
Jetzt haben wir die Grundbegriffe geklärt und wissen, worauf es ankommt, um uns ein Gerüst zu schaffen. Und im Verlauf meiner kleinen Serie rund um das Thema Plot werdet ihr hoffentlich genau die richtige Methode finden, um eure Handlung aufs Papier zu bringen.
Was mich selbst angeht, so bin ich wohl ein Mischtyp. Ich brauche einen sehr detailierten Plot, denn dadurch reift die Geschichte in meinem Kopf. Außerdem organisiere und plane ich nun einmal sehr gern. Doch wenn meine Charaktere Raum brauchen, um sich zu entfalten, lasse ich die Zügel locker und folge ihnen. Ich genieße überraschende Wendungen, weil selbst ich als Autor, als Gott noch neues an meiner Geschichte entdecke.
Ich liebe das Gefühl, eine neue Idee auszubauen, denn ich mag Abeneuer. Aber genauso mag ich auch einen Fahrplan. Und genau deshalb wechsle ich meine Methode, wenn die Geschichte das braucht. Und genau darauf kommt es an, wenn wir ein Gerüst bauen. Verlasst euch auf euer Gefühl!